domingo, 19 de agosto de 2007

Lage der Menschenrechtsarbeit in Argentinien 2006

Fortschritte und Rückschläge

Die Aufarbeitung der Menschrenrechtsverbrechen in Argentinien

Mehrere Urteile der letzten Monate bestimmten die juristische Aufarbeitung der während der letzten Militärdiktatur begangenen Menschenrechtsverletzungen.
Zu aller erst wurde der ehemalige Polizist Julio Simon (alias „Turco Julian“) zu einer Haftstrafe von 25 Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde von einer Strafkammer der argentinischen Bundeshauptstadt im Fall „Poblete“ gefällt.
Die besondere Bedeutung des Falles liegt darin, daß das Oberste Gericht Argentiniens die Verfassungswidrigkeit der Befehlsnotstand – und Schlußpunktgesetze der 80er Jahre bei der Überprüfung einer Anklage des Bundesrichters Cavallo zu diesem Fall, fest stellte.
Julio Simon war während der argentinischen Militärdiktatur ein berüchtigter Folterer in den Haftzentren „Olimpo“ und „Club Atletico“, die dem I. Armeekorps unterstanden. Aus seiner Bewunderung zum deutschen Nationalsozialismus machte er kein Geheimnis. Ein zur Schau getragener Hakenkreuz als Schlüsselanhänger und die besonders sadistische Behandlung der Gefangenen jüdischer Abstammung waren seine Markenzeichen.
Geschützt durch die ObG. Gesetze, rühmte er sich Anfang der 90er Jahre über seine Taten vor laufender Kamera im argentinischen Fernsehen.
Der ehemalige Polizist stand auch auf der Liste der in Nürnberg angeklagten Mitarbeiter der argentinischen Sicherheitskräfte, die sich für das gewaltsame Verschwinden lassen von ca. 100 Deutschen und Deutschstämmigen verantworten mußten.
Ein weiterer wichtiger Urteil wurde in der Provinzhauptstadt La Plata gefällt. Dort wurde der ehemalige Polizeioffizier Miguel Etchecolatz zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Wesentlich wichtiger als der Ausmaß der Strafe war die Begründung der Strafkammer von La Plata. Etchecolatz Verbrechen wurden als Teil des in Argentinien begangenen Völkermord angesehen (Vernichtung einer nationalen Gruppe). Der ehemalige Kommissar der Polizei der Provinz Buenos Aires war die rechte Hand des bereits verstorbenen Generals Ramon J. Camps, der sich am Ende der Militärdiktatur rühmte, mehr als 5.000 „Subversiven“ umgebracht zu haben. Das Urteil der Strafkammer von La Plata spricht von einem „Circuito Camps“, eine Reihe von Folterlager, die von Camps und Etchecolatz geleitet worden sind.
Dieser erste Urteil eines argentinischen Gerichtes, der die Figur des Völkermordes berücksichtigt, hat eine besondere Bedeutung. Der Tatbestand des Völkermordes ist im argentinischen Strafgesetzbuch nicht vorgesehen, aber seit der Verfassungsänderung von 1994, haben die internationale Verträge (wie z.b. die Ächtung der Verbrechen gegen die Menschheit), die Argentinien unterschrieben hat, die selbe Bedeutung als die nationale Gesetzgebung.
Dieser bahnbrechende Urteil blieb allerdings nicht ohne Konsequenzen. Seit ca. 2 Wochen wird einer der Zeugen der Anklage J.Lopez vermißt. Zuletzt wurde er am Tag der Urteilsverkündung gesehen, als er sein Haus verließ, um angeblich zum Gerichtssaal in La Plata zu fahren. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses (16.10.06) war der Verbleib des 76-Jährigen Zeugen noch nicht aufgeklärt.
Gleichzeitig löste dieser Urteil eine Welle von anonymen Morddrohungen gegen Richter und Staatsanwälte der argentinischen Justiz, die mit der juristischen Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen der Militärdiktatur beschäftigt sind.
Seit mehreren Monaten häufen sich die Aktivitäten von einer ganzen Reihe von im Ruhestand befindlichen Offiziere der Streitkräfte, die eine Einstellung der Verfahren fordert. Einzelne aktive Offiziere die an solchen Veranstaltungen teilnahmen, wurden aus den Reihen der Aktiven sofort ausgeschlossen.
Andere Gerichtsentscheidungen haben auch die zivilen Unterstützter der Militärdiktatur aufgeschreckt.
Bundesrichter Norberto Oyarbide, der dieses Amt seit den 90er Jahre im Sinne der menemistischen Justiz geführt hat, hob durch einen Gerichtsbeschluß die vom ehemaligen Präsidenten Menem beschlossene Begnadigung zu Gunsten des ehemaligen Wirtschaftsminister der Diktatur José Alfredo Martinez de Hoz. Martinez de Hoz war gegen Ende der 80er Jahre wegen den Fall „Gutheim“ angeklagt worden.
Federico und Miguel Gutheim, Inhaber einer Textilfirma, wurden während der Militärdiktatur festgenommen und ca. 5 Monate ohne Anklage, ohne Prozeß in Untersuchungshaft gehalten. Sie wurden von Regierungsbeamte unter Druck gesetzt, um ein Exportgeschäft nach Hong Kong über die Bühne zu bringen. Diese Lieferung stand im Zusammenhang mit der Vergabe von internationale Kredite an die argentinische Diktatur. In den 80er Jahren forderte der damalige Staatsanwalt für Regierungskriminalität, Ricardo Molinas, eine Haftstrafe von 10 Jahren in diesem Fall. Angeklagt waren neben Martinez de Hoz, der ehemalige Diktator Videla und der Innenminister Harguindeguy.
Oyarbide bezeichnete diesen Fall als „Verbrechen gegen die Menschheit“, der aufgrund der internationalen Vereinbarungen, die Argentinien unterschrieben und anerkannt hat, nicht begnadigt werden können. Letztendlich wird das Oberste Gericht über die Verfassungsmäßigkeit der von Menem beschlossenen Begnadigungen entscheiden.
In einem anderen Fall hat die 2. Kammer des Berufungsgerichtes der argentinischen Hauptstadt auch die Begnadigung des ehemaligen General Santiago Omar Riveros aufgehoben. Riveros war angeklagt worden, wegen seiner Rolle in der größten Armeekaserne des Landes während der Militärdiktatur. In Campo de Mayo gab es einen Vernichtungslager der Armee, denn nur eine sehr geringe Anzahl der dort Festgehaltene, haben die Folter und Mißhandlungen überlebt.

Je erfolgreicher die argentinische Justiz diese Aufarbeitung durchführt, um so größer werden die Drohungen und Widerstände werden. Die Tatsache, daß auch die zivilen Würdenträger der Diktatur, zur Rechenschaft gezogen werden können, wird von bestimmten Kreisen des argentinischen Establishment, der von der Diktatur reichlich profitiert hat, mit Sorge beobachtet.
Im kommenden Jahr 2007 finden in Argentinien Präsidentschaftswahlen statt. Diese Auseinandersetzung wird sicherlich den Wahlkampf prägen, denn schon jetzt sind die konservativen Stimmen zu vernehmen, die ein Schlußstrich fordern.

Roberto Frankenthal – Oktober 2006

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