miércoles, 28 de noviembre de 2007

Kontinuität in der argentinischen Wirtschaft

Die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums der letzten Jahre in Argentinien hat einen Verteilungskampf verursacht, weil sich die verschiedenen Akteure um ihren Anteil an den neuen Wohlstand streiten. Dieser Verteilungskampf findet sein Ausdruck in den Preiserhöhungen für Waren und Dienstleistungen sowie bei den Lohnforderungen der ArbeitnehmerInnen.
Die neu erworbene Konsumkraft breiter Kreise der Gesellschaft traf auf eine geschwächte Infrastruktur, die anscheinend in den 90er Jahre eher für einem Land mit einer breiten Schicht von Marginalisierten gedacht wurde. Die Neustrukturierung der Nationalen Statistikbehörde (INDEC) und die Verhandlungen mit den internationalen Finanzinstitutionen sind die zwei anderen Aufgaben die Cristina Fernandez de Kirchner (CFK) im neuen Amt anpacken muß.
1) Inflation: Im letzten Jahr wurden die Preiserhöhungen zur größten Herausforderung für die Nestor Kirchner - Regierung. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, schlägt seine Nachfolgerin vor einen Sozialpakt zwischen Staat, Unternehmer und Gewerkschaften zu schließen. Ziel dieses Paktes ist die Aushandlung einer allgemein gültigen Richtlinie sowohl für die Lohn- und Gehaltsforderungen der Tarifverträge, wie für einen graduellen Preisanstieg. Die Richtlinie sollte als Ergebnis eine Verbesserung der Realeinkommen beinhalten. Die Aufgabe ist ziemlich heikel, denn die Gewerkschaften fordern zwischen 20% bis 40% Lohn- und Gehaltserhöhungen und die Unternehmer sind nur bereit ca.10 % bis 15% zu gewähren.
Zeitgleich soll durch die Investitionsforderung das Angebot an Waren und Dienstleistungen vergrößert werden. Ein Rückgang der Nachfrage als Methode der Inflationsbekämpfung kommt anscheinend nicht in Frage.
b) INDEC: Die Manipulation der Inflationskennziffern während des Jahres 2007 und die damit verbundene Entlassung zahlreicher Wissenschaftler aus der Nationalen Statistikbehörde belasten die Versuche dieser Behörde mit neuer Glaubwürdigkeit auszustatten. Im Gespräch stehen verschiedene neue Kalkulationsmethoden für die Preiserhöhungen. Egal welche angenommen wird, wird zukünftig der INDEC im Verdacht stehen, eher "politisch korrekte" als wahrheitsgetreue Daten zu produzieren.
c) Wechselkurs: In den letzten Monaten der Nestor Kirchner - Regierung gab es starke Spekulationen über eine erneute Abwertung des Pesos. Durch zunehmende Spekulationskäufe erreichte der Dollar zeitweilig den Wert von 3,30 Pesos. (vorher 3,10 bis 3,15). Die Stabilität des Wechselkurses wird von der neuen Regierung nicht angetastet werden . Dafür gibt es sehr gute Gründe: 1) Sehr positive Handelsbilanz. 2) Abwertung des Dollars gegenüber anderen Währungen. 3) Rekordverdächtige Preise für die argentinischen Ausfuhrgüter.
d) Energie: Seit ca. 8 Jahren ist die Erdöl-Forderungen rückläufig und seit 4 Jahren stagniert die Erdgasgewinnung. Das argentinische Energieversorgungssystem arbeitet am Rande seiner Möglichkeiten. Die bisher präsentierte Anreize haben die Energieindustrie nicht dazu bewegen können, Risikoinvestitionen zu tätigen. Die Bilanzen dieser Unternehmen weisen Riesengewinne aus, aber die Investitionen werden nur in den Medien bekannt gegeben. Seit Juli 2007 wird mehr Energie und Kraftstoff ins Land eingeführt als ausgeführt, zum ersten Mal in der Geschichte des Landes. Die Gründung einer staatlichen Energiegesellschaft ENARSA (2004)hat diese Lage nicht wesentlich verändert.
Besser situierte Konsumenten und die verarbeitende Industrie werden 2008 mit Steigerungen der Elektrizitätspreise leben müssen, denn die bisher dafür verwendete Subventionen sollen anderweitig benutzt werden.
e) Landwirtschaft: Die Beziehungen zwischen den Landwirtschaftsverbänden und der Regierung von Nestor Kirchner waren alles andere als einfach. Aber die historisch einmalige Preislage für Soja, Weizen und Mais auf den internationalen Märkten brachte einen nie dagewesenen Wohlstand für die Landwirtschaft. Besonders in den landwirtschaftlich geprägten mittleren Städte des Landesinnere erhielt die Wahlformel von CFK viele Wahlstimmen. Im November 2007 setzte der amtierende Präsident eine Erhöhung der Ausfuhrzölle für Getreide durch, ohne nennenswerten Widerstand. Anders sieht es in der Viehzucht aus. Der von der früheren Regierung eingesetzte Viehzuchtplan hat noch keine Produktionssteigerung erzielt. Die Viehzucht und bestimmte andere Anbauprodukte (z.B. Baumwolle) werden immer mehr durch die international gefragten Getreidesorten verdrängt. Die Subventionierung der Produkte für die Innlandmärkte wird argwöhnisch von den neoliberalen Landwirtschaftsverbänden beobachtet und hat bis jetzt die Endkonsummenten nicht vor Preisanstiege der Grundnahrungsmittel verteidigen können.
f) Finanzen: Privatunternehmen in Argentinien erhalten in der Regel nur eine teuere und kurzfristige Finanzierung ihrer Geschäfte. Die Gesamtdarlehen an die Privatwirtschaft betragen ca. 11% des BSP (im Vergleich Brasilien 30%, Chile über 50%). Die neue Regierung muß also sich dringend um eine Ausweitung der Kredite zu niedrigen Zinsen kümmern. In den Schubladen stecken die Pläne der Gründung einer Nationalen Entwicklungsbank, nach dem Muster der gleichnamigen brasilianischen Institution. Angebotssteigerung und keine Nachfragedrosselung ist hier auch der erklärte Ziel.
Eine Übereinstimmung mit dem Pariser - Klub über die Rückzahlung von ca. 6 Milliarden Dollar soll den Weg für die staatliche Garantien für europäische Investitionen ebnen. Dafür muß auch ein "Modus vivendi" mit dem Internationalen Währungsfond erreicht werden.
Größere Hoffnungen werden auf die Gründung der "Banco del Sur" durch die MERCOSUR - Länder gesetzt. Diese Südbank soll Infrastrukturprojekte in der Region ohne der Kontrolle durch IWF oder Weltbank finanzieren.
Der wichtigste Berater für Wirtschaftsfragen der Regierung von CFK wird ohne Zweifel der ehemalige Präsident Nestor Kirchner sein.
Roberto Frankenthal

jueves, 15 de noviembre de 2007

Mindestens 31 Tote bei Gefängnisbrand

(Buenos Aires, 5. November 2007, púlsar).- Bei einem Brand im Männergefängnis der argentinischen Provinz Santiago del Estero sind am 4. November mindestens 31 Gefangene durch Rauchvergiftungen oder Verbrennungen ums Leben gekommen. 19 weitere Gefangene wurden bei dem Brand verletzt, darunter befinden sich auch 9 Schwerverletzte.

Nach Angaben der Gefängnisleitung soll der Brand bei einer Meuterei ausgebrochen sein, die einige Insassen zur Flucht hätten nutzen wollen. Die Gefangenen hielten dagegen, der Brand sei in Folge des repressiven Vorgehens von Gefängniswärtern gegen eine Zusammenkunft von
Gefängnisinsassen entstanden. Letztere hatten sich versammelt, um ihren Unmut über die schlechten Haftbedingungen zu bekunden.

"Das Ganze begann damit, dass wir gegen Misshandlungen durch das Personal und gegen die Durchsuchungen von unseren BesucherInnen protestierten. Die Wärter begannen auf uns zu schießen und diejenigen, die keine Luft mehr bekamen, ließen sie einfach liegen, so dass sie
verbrannten“, heißt es in einem Brief der Gefangenen, der die argentinische Nachrichtenagentur Telam erreichte. "Zu keinem Zeitpunkt gab es einen Fluchtversuch. Wir fordern, dass Angehörige des Innenministeriums, Anwälte und die Presse Zugang zum Gefängnis erhalten und anwesend sind. Wir wollen nicht, dass die Polizei in die Gefängnistrakte zurückkehrt", erklären die Gefangenen in dem Brief.

Luisa Suárez, von der Stelle für die Einhaltung der Menschenrechte in der Provinz Santiago del Estero bestätigte, dass sie im Jahr 2007 bereits vier mal Anzeigen der Gefangenen vorgelegt hat, in denen diese sich wegen der Durchsuchung von Familienangehörigen bei Besuchen Beschweren. Die Gefangenen forderten zudem eine schnellere Abwicklung der Gerichtsprozesse, Verbesserungen in der Besuchsordnung, eine bessere Verpflegung sowie Haftverkürzungen.

Die Mehrheit der gegenwärtig 480 Insassen im Männergefängnis Santiago del Estero sitzt dort ein, ohne rechtskräftig verurteilt worden zu sein.

Erster Strafprozess zu Verbrechen im Folterzentrum ESMA

(Buenos-Aires, 18. Oktober 2007, púlsar-poonal).- Die argentinischeJustiz eröffnete am 18. Oktober das erste Strafverfahren über Verbrechen, die im Folterzentrum der Mechanikerschule der Marine ESMA (Escuela de Mecánica de la Armada) während der Militärdiktatur von 1976bis 1983 begangen wurden. Das Gericht rechnet mit der Anhörung vonungefähr 50 Zeugen und erwartet ein Urteil für Anfang Dezember.In dem Prozess, der vor dem 5. Bundesstrafgericht in Buenos Airesgeführt wird, steht Héctor Antonio Febrés in vier Fällen unter Anklage.Er wird beschuldigt zwischen 1977 und 1978 an den Entführungen undFolterungen von Carlos Lordkipanidse, Carlos García, Josefa Prada de Olivieri und Alfredo Margari beteiligt gewesen zu sein. Febrés war inder Zeit von 1977 bis Ende 1981 zunächst Vizepräfekt und später Präfektder nationalen argentinischen Seebehörde.In ihrer ersten Aussage beschuldigten Zeugen Febrés als einen derblutigsten Folterer des geheimen Zentrums. Carlos Lordkipanidseerzählte, dass sich Febrés den Gefangenen mit dem Satz "Hier vor Ort bin ich der Folterer" präsentierte. Lordkipanidse und Carlos García berichteten zudem von der in der ESMA stattfindenden Sklavenarbeit, der die Gefangenen unterworfen wurden. So mussten sie Dokumente jedweder Art fälschen und beim Druck der Tageszeitung "Convicción" mithelfen, die von Diktator Emilio Eduardo Massera heraus gegeben wurde.Die Erklärungen der Überlebenden bringen Febrés in Bedrängnis, der dieihm vorgeworfenen Verbrechen abstreitet und behauptet, er sei nie in derESMA gewesen.Mit Héctor Febrés ist nur einer der Beteiligten der Arbeitsgruppeangeklagt, die in dem geheimen Lager und Folterzentrum in Buenos Aires unter dem Befehl des Diktators Emilio Eduardo Massera tätig war. Die Anwälte der Anklage sowie die Staatsanwältin Mirna Goransky beantragtenzuvor ohne Erfolg die Aussetzung des Verfahrens. Sie forderten anstelledes individuellen Prozesses eine gemeinsame Anklage und Verurteilung aller Verantwortlichen, die in der ESMA an Verbrechen beteiligt waren.Der Strafprozess gegen Febrés ist die vierte öffentliche Hauptverhandlung seitdem der Oberste Gerichtshof des Landes im Juni 2005die bis dahin bestehenden Befehlsnotstands- und Schlusspunktgesetze (Leyes de Obediencia Debida y Punto Final) für nicht verfassungskonform erklärte und aufhob. Diese unter Präsident Raúl Alfonsin 1987 verabschiedeten Gesetze sollten Strafprozesse gegen Täter aus den Reihen der Militärs verhindern, die Verbrechen während der Zeit derMilitärdiktatur begangen hatten.Die ESMA war das größte Folterzentrum während der Militärdiktatur, die insgesamt 30.000 Menschen das Leben kostete. Es wird angenommen, dass die Militärs auf dem an einer Hauptverkehrsstrasse in Buenos Aires gelegenen Gelände schätzungsweise 5.000 Menschen folterten, exekutierten und verschwinden ließen.

Argentiniens Ex-Präsident De la Rúa angeklagt

(Buenos-Aires, 23. Oktober 2007, púlsar-poonal).- Der argentinischeEx-Präsident Fernando De la Rúa wird beschuldigt, für fünf Tote und mehrals 150 Verletzte während der Repressionen gegen den Aufstand im Dezember 2001 verantwortlich zu sein. Die Anklage lautet auf fahrlässigeTötung und Körperverletzung. Am Montag, den 22. Oktober, wurde derProzess eröffnet. Wird De la Rúa verurteilt, drohen ihm bis zu zehnJahre Haft.Laut Bundesrichter Claudio Bonadío hatte der damalige Präsident nichtdie ihm zur Verfügung stehenden Mittel genutzt, um die Gewalt zuverhindern. Die Justiz sah von einer Inhaftierung ab, beschlagnahmteaber 20 Millionen Pesos (ca. 4,4 Mio. Euro) aus dem Besitz De la Rúasals Kaution.Ebenfalls angeklagt wurden der Vizechef der Bundespolizei OsvaldoCannizzaro, der ehemalige Kommissar Daniel Manzini sowie die KommissarePróspero Treseguet, René Jesús Derecho und Alfredo Salomón.Bei Demonstrationen in der Innenstadt von Buenos Aires am 19. und 20.Dezember 2001 gegen die Regierung und die Wirtschaftskrise warenmindestens 30 Menschen getötet worden. De La Rúa trat nach den Protestenzurück und flüchtete mit dem Hubschrauber aus dem Präsidentenpalast.

miércoles, 7 de noviembre de 2007

CHRONIK EINES ANGEKÜNDIGTEN WAHLERFOLGES

Kommentar zu den Nationalwahlen in Argentinien vom 28.10.07

Während seines langjährigen Exils (1955-73) wurde der ehemalige Präsident Peron des öfteren gefragt, warum er glaube, daß immer noch die breite Mehrheit der argentinischen Bevölkerung ihn unterstützen würde. Perons Antwort war recht bescheiden: „Meine Regierung war gar nicht so erfolgreich, aber die nachfolgenden Regierungen waren wesentlich schlechter.“
In ähnlicher Form kann der amtierende Präsident Nestor Kirchner behaupten: “Meine Regierung war gar nicht so erfolgreich, aber die Vorgänger waren wesentlich schlechter.“ Und das ist einer der Gründe für den Wahlgewinn der Kandidatin Cristina Fernandez de Kirchner (CFK)
Nach den Bestimmung des argentinischen Wahlgesetz wird der Präsident direkt von Volk gewählt. Er oder sie gelten als gewählt, wenn beim ersten Wahlgang der erfolgreichste Bewerber mehr als 45 % der Stimmen oder mindestens 40% und einen Vorsprung von 10% zum zweiten Kandidaten erhält. Bei den letzten Wahlen erhielt Menem im ersten Wahlgang ca. 25% der Stimmen und Nestor Kirchner nur 22%. Menem aber verzichtete auf eine Teilnahme beim zweiten Wahlgang. Zur Wahl standen auch die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel der Senatoren-Ämter. Gleichzeitig wurden Provinzgouverneure in manchen Provinzen gewählt.
Mit ca.45% der Stimmen im ersten Wahlgang wurde CFK zur ersten Präsidentin Argentiniens gewählt.
Ihr Wahlerfolg beruht auf folgende Tatsachen.
a) Obwohl es noch erhebliche Einkommensunterschiede innerhalb der argentinischen Bevölkerung gibt, hat sich die Lage der Mehrheit der Bevölkerung seit 2003 verbessert. Mehrere Lohn- und Rentenerhöhungen haben die Kaufkraft der Bevölkerung gestärkt. Die Arbeitslosigkeit wurde praktisch halbiert und sowohl die Landwirtschaft wie die Industrie boomen: In diesem Jahr sollen ca. 95 Millionen Tonnen Getreide geerntet und mehr als 500.000 Pkws und LKWs hergestellt werden, Produktionskennziffern die noch nie in der argentinischen Geschichte erreicht wurden. Die Kehrseite dieses Aufschwungs ist, daß für ca. 40% der ArbeitnehmerInnen keine Renten- und Krankenversicherung bezahlt wird und die zunehmende Inflation schwächt die erreichte Kaufkraft.
b) Neben der Unterstützung breiter Kreise des Peronismus hat das Ehepaar Kirchner es fertig gebracht eine Wahlallianz mit anderen Kräften zu schließen. Bis auf einen haben alle amtierende Provinzgouverneure der UCR (Catamarca, Corrientes, Santiago del Estero, Rio Negro, Mendoza) ihre Unterstützung der Kandidatin gesichert. Als Beweis dieser Allianz bewarb sich der amtierende Gouverneur von Mendoza, Julio Cobos, für das Amt des Vizepräsidenten mit CFK. Verschiedene soziale Bewegung im Großraum Buenos Aires und die PS (sozialdemokratische Partei) der Provinz Buenos Aires haben die Wahlformel Kirchner - Cobos unterstützt.
c) Die Kandidaten CFK – Cobos haben die Wahlen in drei größten Städten des Landes (Buenos Aires, Rosario und Cordoba) verloren. Sie waren aber sehr erfolgreich im Großraum Buenos Aires (19 Bezirke der Provinz Buenos Aires) und in den Provinzen des Nordosten- und Nordwesten des Landes (z.B. erreichten sie in Santiago del Estero über 77% der Stimmen)
d) Die Opposition zur Regierung war unfähig einen gemeinsamen Kandidaten zu finden. 11 weitere Bewerber konkurrierten mit CFK und untereinander.

Die erfolgreichste Kandidatin der Opposition war die ehemalige Abgeordnete Elisa Carrio. Sie erreichte mit 23% der Stimmen einen Achtungserfolg. Frau Carrio wurde besonders von den historisch anti- peronistisch geprägten Mittelschichten gewählt. Obwohl sie während des Wahlkampfes versprach nicht wieder für öffentliche Ämter zu kandidieren ist es durchaus möglich, daß sie die Rolle der Oppositionsführerin übernimmt. Zum ersten Mal in der argentinischen Geschichte wären dann die Regierung und die Opposition von Frauen geleitet.
Der erfolgreichste männliche Bewerber um das Präsidentenamt war Roberto Lavagna, ehemaliger Wirtschaftsminister unter Duhalde und Kirchner (2002-2005). Getragen wurde seine Kandidatur von einer Wahlallianz zwischen den Überbleibsel der bürgerlichen UCR und mit Kirchner enttäuschte Peronisten. Lavagna wollte seinen guten Ruf als Krisenmanager in die Waage werfen, um eine „ordentlichere Version“ der Kirchner – Politik zu anbieten. Aber die WählerInnen bevorzugten mehrheitlich die familiäre Alternative zum Präsidenten Kirchner und gaben der Wahlformel Lavagna - Morales nur 17% der Stimmen.
Ca. 8% der Stimmen erreichte der ehemalige Gouverneur der Provinz San Luis, Alberto Rodriguez Saa. Er galt als Kandidat der „neoliberalen – volkskonservativen Peronisten“ und wurde z.B. vom ehemaligen Präsidenten Menem unterstützt.
Enttäuschend Ergebnisse erzielten zwei Kandidaten der Rechten. Der neoliberale Ricardo Lopez Murphy erreichte nur 1,5 % der Stimmen (2003: 16%) und der konservative ehemalige Gouverneur von Neuquen Jorge Sobisch 1,6%.
Die radikale Linke trat mit 4 Wahlformeln an und erreichte 2,3 % der Stimmen, ein historisches Minimum.
Ein bißchen erfolgreicher war der Mitte – Links Kandidat Fernando Solanas, der erst 2 Monate vor der Wahl sich aufstellen ließ und auf Anhieb 1,6% der Stimmen erreichte.
Ein entscheidender Beitrag zum Wahlgewinn von CFK leistete der amtierende Vizepräsident Scioli. Er ließ sich als Kandidat für das Amt des Gouverneurs der Provinz Buenos Aires aufstellen und erhielt ca. 49% der Wählerstimmen. Zweite wurde Margarita Stolbizer , eine UCR -Dissidentin mit Carrio – Unterstützung, mit 16% der Stimmen. Bestraft wurden die „Law and Order“ –Kandidaten in der Provinz Buenos Aires. Weder Luis Patti, ehemaliger Folterer der Polizei, noch Juan Carlos Blumberg, der Vater eines entführten und ermordeten Jugendlichen, erhielten jeweils als 2,5 % bzgw. 1,6 % der Stimmen.
In der Abgeordnetenkammer konnte die Regierungsfraktion ihre Mehrheit ausbauen. Sie hat jetzt auch genügend Vertreter, um zu tagen ohne Anwesenheit der Opposition. Die zweitstärkste Gruppe bilden die Abgeordneten die durch die Liste von Elisa Carrio gewählt worden sind, es steht aber noch offen ob sie eine gemeinsame Fraktion bilden werden.
Im Senat wird die Regierungsfraktion ab 10.12.07 fünf weitere Stimmen haben (47 von 78).

Der Wahlkampf fand nicht statt
Gewöhnt an Massenaufmärsche und große Demonstrationen des Peronismus staunten viele Beobachter über den „Nicht – Wahlkampf“ von CFK. Bis zwei Tage vor der Wahl hat sich auch kein längeres Interview der argentinischen Presse gegeben. Es gab auch keine Fernsehdebatte unter den Kandidaten. Ihre Auftritte beschränkten auf institutionelle Akte in Begleitung des amtierenden Präsidenten Nestor Kirchner. Herr Kirchner übernahm die Rolle des Wahlkämpfers und äußerte sich gelegentlich zur Opposition, Frau Kirchner beschränkte sich darauf eine Kontinuität des bisher erreichten zu versprechen.
Die Kandidaten der Opposition haben auch keine weitergehende Vorschläge gemacht. Sie waren eher damit beschäftigt, durch eine guten Wahlergebnis in der ersten Runde, eine zweite Runde („Ballotage“) zu erzwingen.
Zwischen Lavagna und Carrio gab es verbale Attacken, aber es ging nur darum wer Zweiter hinter CFK werden sollte.
Sehr interessant wird die Rolle des Nestor Kirchners ab 10.12.07 werden. So wie seine Frau zum engsten Beraterkreis während seiner Amtszeit zählte, so wird er eine ähnliche Rolle für seine Frau spielen. Er sieht als seine Aufgabe eine politische Bewegung auf die Beine zu bringen, die das bisher erreichte sichern soll.
Nestor Kirchner pflegt zu äußern, daß am Ende seines Mandats Argentinien sich bereits auf dem Weg zwischen der Hölle und dem Fegefeuer befinden sollte. Dies ist im zum Teil gelungen, wenn man die aktuelle Lage mit der Jahreswende 2001/2002 verglichen wird. Seine Präsidentschaft bedeutete die Abkehr des neoliberalen Fundamentalismus eines Carlos Menem, der in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, die Zerstörung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Strukturen des Landes als Ziel hatte. Ein guter Teil der heutigen Probleme und Unzulänglichkeiten des Landes hatten dort ihren Ursprung.
Die Frage ist, ob die argentinische Bevölkerung, unter der Leitung einer Präsidentin durch das Fegefeuer gehen will, um das versprochene Paradies zu erreichen.

ROBERTO FRANKENTHAL