domingo, 14 de octubre de 2007

Nur eine Ausnahme?. Zur Verurteilung vom Christian von Wernich.

Die Verurteilung des deutschstämmigen Priesters Christian von Wernich wegen seiner Beteiligung am Völkermord während der argentinischen Militärdiktatur (1976-83) ist ein Beispiel für die enge Beziehungen die zwischen der katholischen Kirchenhierarchie und den damaligen Machthabern herrschte.
Zwar sind andere Fälle der direkten Beteiligung an Folter und Ermordung noch nicht vor Gericht verhandelt worden, aber es gibt unzählige Beweise für die wohlwollende bis unterstützende Haltung der katholischen Kirche in Argentinien gegenüber der Militärdiktatur.
Diese enge Beziehungen hatte auch eine starke ideologische Grundlage. Die große Mehrheit der argentinischen Bischöfe stand feindselig gegenüber den Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils und der Bischofskonferenz von Medellin von 1968. Besonders in Medellin übernahm
die katholische Kirche Lateinamerikas die „Option für die Armen“ und begrüßte die Ansätze der Theologie der Befreiung. Eine relativ kleine Minderheit innerhalb der katholischen Kirche in Argentinien teilte diese Ansätze, die Mehrheit der Bischöfe stand eher einem „National -katholizismus“ nahe, so wie er in Spanien unter Franco betrieben wurde. Im katholischen Argentinien der 60er Jahre fand eine andere extremistische Organisation immer mehr Anhänger. Das südamerikanische Land wurde zum Fluchtort der ehemaligen OAS(*1) – Kämpfer und ihrer Ideologen der „Cite Catholique“(*2), die nach dem Algerien – Krieg in Frankreich als unerwünscht galten.
Die ehemalige französische Offiziere brachten ihren argentinischen Kollegen ihre Erfahrungen bei der Aufstandbekämpfung bei. Die Theologen der „Cite“ lieferten die religiöse – moralische Rechtfertigung für den zukünftigen Krieg gegen den Kommunismus.
Bereits während der Militärdiktatur von Juan Carlos Ongania (1966-70) besuchten viele Offiziere der argentinischen Streitkräfte die „Cursillos para la Cristiandad“, Seminare der „Cite“, wo diese Mischung von modernen Kreuzzug und Aufstandsbekämpfung erläutert wurde. Ongania selber stand diesen Ideen nicht fern. Bereits 1966 definierte er die Aufgabe der lateinamerikanischen Armee als „die Verteidigung gemeinsamer Werte des Westens“, anstatt der Verteidigung der jeweiligen Landesgrenzen. Im letzten Teil seiner Amtszeit liebäugelte er mit der Errichtung eines Ständestaates.
Die reaktionäre katholische Kirche des Landes stand also auf der selben Wellenlänge wie die Streitkräfte in den 70er Jahren. Der Rückkehr von Peron wurde von beiden Institutionen argwöhnisch beobachtet. Peron selber stand auch dem nationalen Katholizismus nicht sehr fern, aber gegen Ende seiner zweiten Amtszeit 1955, distanzierte er sich von der Kirche, ließ den päpstlichen Botschafter aus dem Land ausweisen und setzte gesetzliche Maßnahmen (Anerkennung unehelicher Kinder, Scheidungsgesetz) durch, die gegen die Lehren der Kirche verstoßen. Für die Streitkräfte bedeutet der ehemalige General ein letztes Bollwerk gegen die „revolutionäre Subversion“.
Aber der altersschwache „Caudillo“ hatte seine Bewegung nicht mehr unter Kontrolle. Als er dann im Juli 1974 verstarb, übernahm seine unfähige Ehefrau Isabel Martinez das Präsidialamt.
Schon 1975 mehrten sich die Stimmen innerhalb der katholischen Kirche die einem Aufstand der Streitkräfte befürworteten. Federführend hier war der Bischof Victorio Bonamin,. Der Militärbischof sagte bei einer öffentlichen Rede vor Generälen wörtlich: „Das Militär ist gereinigt im Jordan voll Blut, um sich an die Spitze des ganzen Landes zu stellen. Wer weiß, ob Christus nicht eines Tages gewollt hätte, daß die Streitkräfte zusätzliche Funktionen übernehmen, die über ihre eigentliche Aufgabe hinausgehen.“ Derselbe Militärbischof sprach dann auch noch folgendes: „Der Kampf gegen die Guerilla ist ein Kampf für die Republik Argentinien, aber auch für ihre Altäre ... Dieser Kampf verteidigt die Moral, die Menschenwürde.“
Wenige Stunden vor dem Putsch vom 24.3.1976 trafen sich die Junta –Mitglieder Videla und Massera mit den damaligen Vorsitzenden der argentinischen Bischofskonferenz Monsignore Adolfo Tortolo, der den Putschisten seinen Segen erteilte.
Ebenfalls von Militärbischof Bonamin stammt diesen Aussagen: „Dieser Kampf ist schließlich ein Verteidigungskampf für Gott ... deshalb bitte ich um göttliche Unterstützung in diesem schmutzigen Krieg, in den wir hineingezogen sind.“ “Die Liebe zum Vaterland ist heilig…Christus liebte sein Vaterland, der von Rom unterdrückt wurde. Er heiligte und ehrte damit das Vaterland. Die Liebe zum Vaterland, die bei jedem Menschen großzügig und loyal sein soll, ist noch größer beim wahren Christen. Wenn der Tod für das Vaterland jeden aufrichtigen Mensch ehrt, so ehrt es um so mehr den Christen, der das Vaterland unter dem Licht seines Glaubens sieht. Diese Liebe für das Vaterland nimmt epische und heroische Größen in den Reihen der Streitkräfte der Nation“.
Die Kirche beteiligte sich indirekt an der danach folgenden Repression. Der zur Zeit in spanischer Haft sitzende Marineoffizier Adolfo Scilingo berichtete, daß nach den Todesflügen (Abwurf betäubter Gefangener über das Meer oder den Rio de la Plata), – es wurden 1.500 bis 2.000 Menschen allein auf diese Weise liquidiert – Militärkapläne mit denen gesprochen haben, die diese Aktion durchgeführt hatten, um ihnen Trost zu spenden. Einer von ihnen sagte sinngemäß, es sei ein christlicher Tod, weil sie – die Opfer – „nicht leiden“. Er sagte, „daß Krieg Krieg sei und auch die Bibel sage, daß die Spreu vom Weizen getrennt werden muß“.
Andere Mitglieder des Klerus wie der Polizeikaplan Mackinnon sprachen eine direktere Sprache: „Unsere Kleider werden nur die Flecken des Blutes haben, des eigenen oder des fremden Bluttes, der für eine gerechte Sache vergossen werden mußte. Dieses Blut befleckt uns nicht, er heiligt uns“.
Die Hierarchie der katholischen Kirche war außerordentlich gut über den Ausmaß der Repression informiert. Ein Netz von 250 Militärseelsorger war über das ganze Land verteilt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Tortolo beauftragte seinen Sekretär Monsignore Graselli mit der Betreuung der Angehörigen der Verschwundenen, die Hilfe und Trost bei der Kirche suchten. Es ist nicht bekannt, daß durch Grasellis wirken je ein Leben gerettet werden konnte, aber bei seiner Aussage vor Gericht gab er zu eine umfangreiche Datei mit über 2.500 Fälle von Verschwunden angelegt zu haben.
Eine mehr als zwielichtige Rolle spielte der päpstliche Nuntius (der Botschafter des Vatikans in Argentinien) Pio Laghi. Einerseits beschwerte er sich in Rom über das mangelnde Engagement der argentinischen Bischöfe für die Menschenrechte, andererseits war er ein der bevorzugten Tennis – Partner des Admiral Massera. Sein Wissen über den argentinischen Völkermord gab er den US –amerikanischen Diplomaten in Buenos Aires weiter, aber in der Öffentlichkeit äußerte er sich sehr zurückhaltend.
Mehrere katholische Würdenträger wurden in den geheimen Folter – und Konzentrationslager gesehen. Hier einige Beispiele
a) Bischof Jose Manuel Medina aus Jujuy sprach mit Gefangenen in einem Folterlager in Calelilegua.
b) Monsignore Antonio Plaza, als Polizeikaplan der Polizei der Provinz Buenos Aires begleitete er den Coronel Ramon Camps, Chef der Sicherheitskraft, bei seinen Besuchen in verschiedenen Lagern. Auf festgebundene Gefangene soll er getreten haben, um sie zum sprechen zu bringen. Er wurde von einem eigenen Verwandten wegen „unterlassener Hilfeleistung“ 1984 angezeigt
c) Polizeikaplan Julio Mackinnon nahm an zahlreiche Verhöre teil. Fast alle Verhörten wurden danach umgebracht.
d) Der Verurteilte Christian von Wernich betreute eine Gruppe von Verschwundenen, die angeblich nach ihrer „Umerziehung“ freigelassen werden sollten. Er saß in den Wagen, in dem zwei von ihnen umgebracht worden sind.

Andere Würdenträger sind nicht so weit gegangen in ihrer Unterstützung der Militärdiktatur. Aber während der gesamten Militärdiktatur weigerte sich die argentinische Bischofskonferenz Menschenrechtsorganisationen wie „Madres“ oder „Abuelas de Plaza de Mayo“ zu empfangen.
In einer Privataudienz empfing Monsignore Montes, Mitarbeiter des oben erwähnten Monsignore Plaza, Frau de Mariani, eine der Mitbegründerinnen der „Abuelas de Plaza de Mayo“. Sie suchte nach ihrer Enkelin und Montes sagte ihr: „Sie sollten in dieser Sache nicht sehr viel unternehmen, die jennigen die ihre Enkelin haben, könnten sehr nervös werden. Sie müssen beten, sehr viel beten“. Als sie mit Monsignore Graselli traf, erhielt Frau de Mariani folgende Antwort: „Schade, daß Sie sich so viel Zeit gelassen haben, um zu mir zu kommen. Das Kind ist jetzt schon verloren… Sie ist auf einer sehr hohen Ebene, dort ist sie unantastbar…Es tut mir leid, aber ich kann gar nichts mehr machen“
Ab 1981, als die Informationen über den Völkermord immer mehr durchsickerten, begann die argentinische Bischofskonferenz Aufrufe zur Versöhnung zwischen Opfern und Diktatur zu publizieren, eine Haltung die sie bis heute behalten hat.

Die andere Kirche

Diese Analyse über die Rolle der katholischen Kirche Argentiniens während der Militärdiktatur wäre nicht vollständig, wenn nicht die Bemühungen der Minderheit erwähnt werden, die sich für die Menschenrechte eingesetzt hat. So wie viele Andersdenkende wurden sie verfolgt und umgebracht.
Zu Beginn der 70er Jahre wurde die Bewegung der Pfarrer für die Dritte Welt in Argentinien gegründet (Movimiento de Sacerdotes para el Tercer Mundo). Die Bewegung umfaßte ca. 300 Pfarrer und wurde mißtrauisch von der damaligen Militärdiktatur und der eigenen Kirchenleitung beobachtet. Nur wenige Bischöfe, wie z.B. Bischof Devoto in Corrientes oder Angelelli in La Rioja, öffneten ihre Bistümer diesen fortschrittlichen Kräften des Katholizismus.
Die Verfolgung dieser Reformkräfte innerhalb der Kirche begann bereits vor dem Putsch. Das rechtsextreme Todesschwadron „Triple A“ zwang den gemäßigt fortschrittlichen Kardinal Eduardo Pironio ins Exil zu gehen, um seinen Leben zu retten.
Nach dem Putsch von März 1976 mußten viele der Pfarrer der Bewegung ihren Einsatz für die Ärmsten der Gesellschaft aufgeben. Nur 3 (De Nevares in Neuquen, Hesayne in Viedma und Novak in Quilmes) von 66 argentinischen Bischöfen nahmen eine oppositionelle Haltung gegen die Militärjunta ein. Zwei andere Bischöfe, Angelelli und Ponce de Leon, wurden in vorgetäuschten Autounfällen von der Militärdiktatur umgebracht. Zahlreiche Nonnen und Pfarrer wurden festgenommen, manche Verschwanden für immer. Sogar als drei Priester und zwei Seminaristen mitten in der argentinischen Bundeshauptstadt umgebracht wurden („Massaker von San Patricio“), schwieg die Leitung der katholischen Kirche.

Roberto Frankenthal

(*1) OAS: Organisation armée secrète, war eine französische Untergrundbewegung während der Endphase des Algerienkriegs.(*2) Cite Catholique: La Cité Catholique is a Traditionalist Catholic organisation created in 1946 by Jean Ousset, private secretary of Charles Maurras (founder of the monarchist Action française in 1899). An advance party of the Cité catholique arrived in Argentina in 1958, in the middle of the Algerian War (1954-62) and after the military which deposed Juan Perón in 1955. The Cité Catholique brought to Argentina a doctrine of counter-revolutionary warfare and torture, justified as part of Thomist dogmatism.They would thus provide the ideological support of the future "Dirty war" carried out by the Argentine military in the 1970s

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