miércoles, 7 de noviembre de 2007

CHRONIK EINES ANGEKÜNDIGTEN WAHLERFOLGES

Kommentar zu den Nationalwahlen in Argentinien vom 28.10.07

Während seines langjährigen Exils (1955-73) wurde der ehemalige Präsident Peron des öfteren gefragt, warum er glaube, daß immer noch die breite Mehrheit der argentinischen Bevölkerung ihn unterstützen würde. Perons Antwort war recht bescheiden: „Meine Regierung war gar nicht so erfolgreich, aber die nachfolgenden Regierungen waren wesentlich schlechter.“
In ähnlicher Form kann der amtierende Präsident Nestor Kirchner behaupten: “Meine Regierung war gar nicht so erfolgreich, aber die Vorgänger waren wesentlich schlechter.“ Und das ist einer der Gründe für den Wahlgewinn der Kandidatin Cristina Fernandez de Kirchner (CFK)
Nach den Bestimmung des argentinischen Wahlgesetz wird der Präsident direkt von Volk gewählt. Er oder sie gelten als gewählt, wenn beim ersten Wahlgang der erfolgreichste Bewerber mehr als 45 % der Stimmen oder mindestens 40% und einen Vorsprung von 10% zum zweiten Kandidaten erhält. Bei den letzten Wahlen erhielt Menem im ersten Wahlgang ca. 25% der Stimmen und Nestor Kirchner nur 22%. Menem aber verzichtete auf eine Teilnahme beim zweiten Wahlgang. Zur Wahl standen auch die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel der Senatoren-Ämter. Gleichzeitig wurden Provinzgouverneure in manchen Provinzen gewählt.
Mit ca.45% der Stimmen im ersten Wahlgang wurde CFK zur ersten Präsidentin Argentiniens gewählt.
Ihr Wahlerfolg beruht auf folgende Tatsachen.
a) Obwohl es noch erhebliche Einkommensunterschiede innerhalb der argentinischen Bevölkerung gibt, hat sich die Lage der Mehrheit der Bevölkerung seit 2003 verbessert. Mehrere Lohn- und Rentenerhöhungen haben die Kaufkraft der Bevölkerung gestärkt. Die Arbeitslosigkeit wurde praktisch halbiert und sowohl die Landwirtschaft wie die Industrie boomen: In diesem Jahr sollen ca. 95 Millionen Tonnen Getreide geerntet und mehr als 500.000 Pkws und LKWs hergestellt werden, Produktionskennziffern die noch nie in der argentinischen Geschichte erreicht wurden. Die Kehrseite dieses Aufschwungs ist, daß für ca. 40% der ArbeitnehmerInnen keine Renten- und Krankenversicherung bezahlt wird und die zunehmende Inflation schwächt die erreichte Kaufkraft.
b) Neben der Unterstützung breiter Kreise des Peronismus hat das Ehepaar Kirchner es fertig gebracht eine Wahlallianz mit anderen Kräften zu schließen. Bis auf einen haben alle amtierende Provinzgouverneure der UCR (Catamarca, Corrientes, Santiago del Estero, Rio Negro, Mendoza) ihre Unterstützung der Kandidatin gesichert. Als Beweis dieser Allianz bewarb sich der amtierende Gouverneur von Mendoza, Julio Cobos, für das Amt des Vizepräsidenten mit CFK. Verschiedene soziale Bewegung im Großraum Buenos Aires und die PS (sozialdemokratische Partei) der Provinz Buenos Aires haben die Wahlformel Kirchner - Cobos unterstützt.
c) Die Kandidaten CFK – Cobos haben die Wahlen in drei größten Städten des Landes (Buenos Aires, Rosario und Cordoba) verloren. Sie waren aber sehr erfolgreich im Großraum Buenos Aires (19 Bezirke der Provinz Buenos Aires) und in den Provinzen des Nordosten- und Nordwesten des Landes (z.B. erreichten sie in Santiago del Estero über 77% der Stimmen)
d) Die Opposition zur Regierung war unfähig einen gemeinsamen Kandidaten zu finden. 11 weitere Bewerber konkurrierten mit CFK und untereinander.

Die erfolgreichste Kandidatin der Opposition war die ehemalige Abgeordnete Elisa Carrio. Sie erreichte mit 23% der Stimmen einen Achtungserfolg. Frau Carrio wurde besonders von den historisch anti- peronistisch geprägten Mittelschichten gewählt. Obwohl sie während des Wahlkampfes versprach nicht wieder für öffentliche Ämter zu kandidieren ist es durchaus möglich, daß sie die Rolle der Oppositionsführerin übernimmt. Zum ersten Mal in der argentinischen Geschichte wären dann die Regierung und die Opposition von Frauen geleitet.
Der erfolgreichste männliche Bewerber um das Präsidentenamt war Roberto Lavagna, ehemaliger Wirtschaftsminister unter Duhalde und Kirchner (2002-2005). Getragen wurde seine Kandidatur von einer Wahlallianz zwischen den Überbleibsel der bürgerlichen UCR und mit Kirchner enttäuschte Peronisten. Lavagna wollte seinen guten Ruf als Krisenmanager in die Waage werfen, um eine „ordentlichere Version“ der Kirchner – Politik zu anbieten. Aber die WählerInnen bevorzugten mehrheitlich die familiäre Alternative zum Präsidenten Kirchner und gaben der Wahlformel Lavagna - Morales nur 17% der Stimmen.
Ca. 8% der Stimmen erreichte der ehemalige Gouverneur der Provinz San Luis, Alberto Rodriguez Saa. Er galt als Kandidat der „neoliberalen – volkskonservativen Peronisten“ und wurde z.B. vom ehemaligen Präsidenten Menem unterstützt.
Enttäuschend Ergebnisse erzielten zwei Kandidaten der Rechten. Der neoliberale Ricardo Lopez Murphy erreichte nur 1,5 % der Stimmen (2003: 16%) und der konservative ehemalige Gouverneur von Neuquen Jorge Sobisch 1,6%.
Die radikale Linke trat mit 4 Wahlformeln an und erreichte 2,3 % der Stimmen, ein historisches Minimum.
Ein bißchen erfolgreicher war der Mitte – Links Kandidat Fernando Solanas, der erst 2 Monate vor der Wahl sich aufstellen ließ und auf Anhieb 1,6% der Stimmen erreichte.
Ein entscheidender Beitrag zum Wahlgewinn von CFK leistete der amtierende Vizepräsident Scioli. Er ließ sich als Kandidat für das Amt des Gouverneurs der Provinz Buenos Aires aufstellen und erhielt ca. 49% der Wählerstimmen. Zweite wurde Margarita Stolbizer , eine UCR -Dissidentin mit Carrio – Unterstützung, mit 16% der Stimmen. Bestraft wurden die „Law and Order“ –Kandidaten in der Provinz Buenos Aires. Weder Luis Patti, ehemaliger Folterer der Polizei, noch Juan Carlos Blumberg, der Vater eines entführten und ermordeten Jugendlichen, erhielten jeweils als 2,5 % bzgw. 1,6 % der Stimmen.
In der Abgeordnetenkammer konnte die Regierungsfraktion ihre Mehrheit ausbauen. Sie hat jetzt auch genügend Vertreter, um zu tagen ohne Anwesenheit der Opposition. Die zweitstärkste Gruppe bilden die Abgeordneten die durch die Liste von Elisa Carrio gewählt worden sind, es steht aber noch offen ob sie eine gemeinsame Fraktion bilden werden.
Im Senat wird die Regierungsfraktion ab 10.12.07 fünf weitere Stimmen haben (47 von 78).

Der Wahlkampf fand nicht statt
Gewöhnt an Massenaufmärsche und große Demonstrationen des Peronismus staunten viele Beobachter über den „Nicht – Wahlkampf“ von CFK. Bis zwei Tage vor der Wahl hat sich auch kein längeres Interview der argentinischen Presse gegeben. Es gab auch keine Fernsehdebatte unter den Kandidaten. Ihre Auftritte beschränkten auf institutionelle Akte in Begleitung des amtierenden Präsidenten Nestor Kirchner. Herr Kirchner übernahm die Rolle des Wahlkämpfers und äußerte sich gelegentlich zur Opposition, Frau Kirchner beschränkte sich darauf eine Kontinuität des bisher erreichten zu versprechen.
Die Kandidaten der Opposition haben auch keine weitergehende Vorschläge gemacht. Sie waren eher damit beschäftigt, durch eine guten Wahlergebnis in der ersten Runde, eine zweite Runde („Ballotage“) zu erzwingen.
Zwischen Lavagna und Carrio gab es verbale Attacken, aber es ging nur darum wer Zweiter hinter CFK werden sollte.
Sehr interessant wird die Rolle des Nestor Kirchners ab 10.12.07 werden. So wie seine Frau zum engsten Beraterkreis während seiner Amtszeit zählte, so wird er eine ähnliche Rolle für seine Frau spielen. Er sieht als seine Aufgabe eine politische Bewegung auf die Beine zu bringen, die das bisher erreichte sichern soll.
Nestor Kirchner pflegt zu äußern, daß am Ende seines Mandats Argentinien sich bereits auf dem Weg zwischen der Hölle und dem Fegefeuer befinden sollte. Dies ist im zum Teil gelungen, wenn man die aktuelle Lage mit der Jahreswende 2001/2002 verglichen wird. Seine Präsidentschaft bedeutete die Abkehr des neoliberalen Fundamentalismus eines Carlos Menem, der in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, die Zerstörung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Strukturen des Landes als Ziel hatte. Ein guter Teil der heutigen Probleme und Unzulänglichkeiten des Landes hatten dort ihren Ursprung.
Die Frage ist, ob die argentinische Bevölkerung, unter der Leitung einer Präsidentin durch das Fegefeuer gehen will, um das versprochene Paradies zu erreichen.

ROBERTO FRANKENTHAL

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